Chirotherapie
Die Manuelle Medizin / Chirotherapie ist die medizinische Disziplin, in der die Nutzung der theoretischen Grundlagen, Kenntnisse und Verfahren weiterer medizinischer Gebiete die Befundaufnahme am Bewegungssystem, am Kopf, an den viszeralen und bindegewebigen Strukturen sowie die Behandlung ihrer Funktionsstörungen mit der Hand unter präventiver, kurativer und rehabilitativer Zielsetzung erfolgt. Diagnostik und Therapie beruhen auf biomechanischen und neurophysiologischen Prinzipien. (Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin, DGMM)
Meine Ausbildung in der Manuellen Medizin / Chirotherapie habe ich bei der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin, dem Dr. Karl-Sell-Ärzteseminar Neutrauchtburg (MWE) gemacht. Ich besitze die Zusatzbezeichnung Manuelle Medizin / Chirotherapie, welche mir durch die Bezirksärztekammer Südbaden verliehen wurde. Durch ständige Fort- und Weiterbildung wird die Diagnostik und Therapie funktioneller Störungen nach dem aktuellstem wissenschaftlichen Standard durchgeführt.
Wie läuft eine chirotherapeutische Behandlung ab?
Zunächst einmal wird eine ausführliche Anamnese erstellt. Damit bekommt man schon wichtige Hinweise um was für ein Krankheitsbild es sich handelt, oder ob Kontraindikationen zur manuellen Medizin bestehen. Die dann folgende klinische Untersuchung erfolgt nach den Regeln der Drei-Schritt-Diagnostik (nach Bischoff). Hier wird zunächst die abschnittsweise und segmentale Bewegungsprüfung zur Feststellung einer Hypomobilität bzw. zum Ausschluss einer Hypermobilität durchgeführt. Dann wird die segmentale Irritationspunktdiagnostik durchgeführt, um das Vorhandensein einer Nozireaktion der entsprechenden Kennmuskeln zu überprüfen. Wenn ein solcher segmentaler Irritationspunkt als Zeichen eines nozireaktiven Hypertonus festgestellt wird, folgt ein Provokationstest. Damit wird die blockierte(n) Richtung(en) und somit die Richtung in welche der Impuls zu gehen hat erkannt. Die erhobene Diagnose wird dann dem Patienten mitgeteilt und nach einer schriftlichen Aufklärung und dem Einverständnis des Patienten kann dann die Therapie erfolgen. Auch hier gibt es ganz klare Regeln in der Durchführung der Manipulation, die man in der 5-Schritte-Regel zusammenfasst: Lagerung, Tiefenkontakt, Vorspannung, Probemobilisation, Impuls. Die manipulativen Techniken werden in der Regel mit Mobilisation, myofaszialen Techniken und Druckpunkttherapie kombiniert.
Was ist eigentlich eine Blockierung?
Allgemein versteht man unter einer Blockierung eine reversible, hypomobile, segmentale oder arthromuskuläre Dysfunktion. Das heißt, dass die Einschränkung des Bewegungsablaufes (hypomobile Dysfunktion) die auf verschiedenen Wirbelgelenken (segmental) oder an sonstigen Gelenken (arthromuskulär) auftritt, umkehrbar (reversibel) ist.
Was ist eine funktionelle Störung?
Eine Blockierung gilt als sogenannte funktionelle Störung. Uexküll definierte es so: "Das Beschwerdebild hat nicht zu organischen, durch pathologisch-anatomische Untersuchungen diagnostizierbaren Veränderungen geführt, sondern ist Ausdruck einer Funktionsstörung." Eine funktionelle Störung kann man durch eine gründliche körperliche Untersuchung mit den Händen (manuell; manus lat. die Hand) diagnostizieren. Man findet keine Veränderungen in der apparativen Diagnostik wie Röntgen etc.. Es liegt keine irreversible Gewebeschädigung vor.
Muss es beim Einrenken knacken?
Nein, das muss es nicht. Das "Knacken" eines Gelenkes ist die sogenannte Kavitation. Wenn man einen schnellen Zug auf ein Gelenk ausübt (Traktion) entsteht im Gelenk ein Unterdruck, welcher dafür sorgt, dass die Gelenkschmiere (Synovia) kurzzeitig verdampft. Dieser Prozess erzeugt das Knackgeräusch. Es hat also nichts damit zu tun, dass ein Gelenk wieder in die richtige Position "eingerenkt" wurde.
Kann bei der Chirotherapie etwas passieren?
Bei der korrekt durchgeführten Chirotherapie kann nach aktuellster wissenschaftlicher Erkenntnis kein Bandscheibenvorfall und keine Gefäßdissektion (Aufreißen der Gefäßwand) ausgelöst werden. Bei der Dissektion der Arteria vertebralis, die fälschlicherweise als Komplikation der Chirotherapie oftmals noch angesehen wird, handelt es sich um sogenannte Spontandissektionen, welche nicht durch die Manipulation während der Manuellen Medizin ausgelöst wird.
Was sind Kontraindikationen der Chirotherapie?
Eine Manipulationstherapie darf nicht durchgeführt werden wenn floride bakterielle oder rheumatische Entzündungen in dem zu behandelnden Gelenk vorliegen. Ebenso wenn sich in dem betroffenen Knochen ein Tumor oder eine Metastase befindet. Natürlich lässt man die Finger bei Frakturen des Knochens weg. Eine Osteoporose mit schon aufgetretenen Spontanfrakturen ist ebenfalls eine Kontraindikation zur Chirotherapie. Bei einem Bandscheibenvorfall darf lediglich dann nicht eingerenkt werden, wenn eine radikuläre Symptomatik (Wurzelreizsymptomatik) vorliegt. Bei einer Dissektion eines Gefäßes (Arteria vertebralis oder Aorta) darf ebenfalls nicht eingerenkt werden. Weiterhin zählen raumbeengende und instabile Veränderungen am Kopf-Hals-Übergang, Schmerzsyndrome auf der Grundlage von Instabilitäten, Hypermobilität und Blockierungen bei psychosomatischem Syndrom ohne Krankheitseinsicht als Kontraindikationen.
Was ist der Unterschied zwischen Mobilisation und Manipulation?
Bei der Mobilisierung wird die Gesamtenergie weich, federnd, rhythmisch, repetitiv eingesetzt. Die Mobilisation kann jederzeit abgebrochen werden.
Bei der Manipulation wird der Impuls einmalig abgegeben und kann dann auch nicht mehr abgebrochen werden. Der Impuls erfolgt nach der 3-K-Regel: kurzer Weg, kurze Zeit, kleine Kraft!
Was versteht man unter vertebroviszeralen und viszerovertebralen Wechselbeziehungen?
Vertebroviszerale Verkettung: Es gibt eine Reihe von funktionellen Organbeschwerden ohne fassbaren Befund am Erfolgsorgan. Es handelt sich dabei oft um von einer funktionellen oder morphologischen Störung am Bewegungssegment ausgehende Irritation hervorgerufenem Krankheitsbild. So kann eine Blockierung am fünften Brustwirbel pectanginöse Beschwerden auslösen, oder eine Blockierung in Höhe des elften Brustwirbels Oberbauchbeschwerden, die zunächst an ein Ulcus doudeni denken lassen. Diese Symptome sind in der Regel haltungs-, belastungs- und bewegungsabhängig. Der pathologische Organbefund fehlt und sollte immer natürlich zuerst abgeklärt werden.
Viszerovertebrale Verkettung: Hier entstehen Begleitblockierungen an der Wirbelsäule, die im Verlauf einer inneren Organerkrankung auftreten. Daher sollten immer wieder auftretende, im selben Segment lokalisierte Blockierungen den Blick auf die damit in Verbindung zu bringenden inneren Organe lenken. Nach dem Lösen der Blockierung kann es durchaus zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden auch von Seiten der Grunderkrankung kommen, aber es kommt immer wieder zu einem Rezidiv der Wirbelblockierung. Wenn dies nicht beachtet wird, kann eine Grunderkrankung übersehen und für den Patienten einen nachteiligen Verlauf nehmen.